The Cardigans (live in Mannheim, 2024)

The Cardigans (live in Mannheim, 2024) © Rudi Brand

The Cardigans sind die größte Brit-Pop-Band, die gar nicht aus dem UK stammt. Bei ihrem Auftritt beim Zeltfestival Rhein-Neckar in Mannheim zeigen sie, dass sie live immer noch ihre Fans mitreißen können.

Unglaubliche 18 Jahre sind The Cardigans nicht mehr in Deutschland aufgetreten. Aber Konzerte der Band sind generell rar, denn die Schweden spielen selten mehr als eine Handvoll Shows pro Jahr.

Offensichtlich können die Bandmitglieder von Tantiemen aus den mega-erfolgreichen 90ern noch gut leben. 

Starke Wirkung

Bevor es aber mit den Cardigans losgeht präsentiert die Stockholmer Band Shout Out Louds ihr über 20 Jahre altes Debut "Howl Howl Gaff Gaff" in voller Länge. Ihr gut gealterter 2000er-Indiepop wird vom teilweise sehr textsicheren Publikum gefeiert.

Durch die Anleihen bei The Smiths ("Please Please Please") oder The Cure ("100 Degrees") wirkt die Musik auch heute noch frisch und animiert viele zum Mitanzen. Die Besucher des Zeltfestivals Rhein-Neckar sind bereit für The Cardigans.

Geradliniger Auftritt

Das Thema Auftritts der Cardigans könnte man mit dem Begriff "Geradlinigkeit" zusammenfassen. Die Cardigans spielen sich in 90 Minuten relativ straight durch ihr Werk, wobei der Großteil der Songs von den "späteren" Alben ab "Gran Turismo" stammen. Es ist kein Zufall, dass "Slow", die einzige Rarität des Abends von ihrem letzten Album "Super Extra Gravity" stammt.

Die Stimmung ist von Anfang an gut. Mit "Losing a Friend" hat die Band die Zuschauer sofort auf ihrer Seite und bei "Erase/Rewind", einem ihrer bekanntesten Songs, bricht großer Jubel aus. Es folgt eine kurzweilige Mischung aus Balladen wie "Communication", nervösen Rockern wie "Marvel Hill", beschwingten Songs wie "Live and Learn" und elegischen Liedern wie "You're The Storm".

Glasklarer Gesang

Bemerkenswert ist der nach wie vor glasklare Gesang von Nina Persson. Selten erlebt man eine Sängerin, bei der man fast jedes gesungene Wort verstehen kann. Ihre Stimme mag nicht mehr die höchsten Höhen der 1990er erreichen, aber sie trägt mit ihrer stimmlichen Präsenz das Konzert. Ansonsten erhält nur Gitarrist Peter Svensson Gelegenheit für einige Soli. 

Aus ihrer Frühzeit spielt die Band nur wenig. Vom guten Debütalbum "Emmerdale" gibt es gar nichts, von "Life" nur den kurzen Doppelschlag "Happy Meal->Carnival", wobei vor allem letzterer Song für große Begeisterung sorgt, und von "First Band on the Moon" ebenfalls nur zwei Songs, "Lovefool" eingeschlossen. 

Gegen Ende steigt die Hitdichte mit "Higher" und natürlich "Lovefool" gewaltig und die Zuschauer feiern den Trip in die Zeit vor 20 bis 30 Jahren als gitarrenbasierter Indie-Rock die coolste Musik überhaupt war – wie haben sich die Zeiten geändert!

Hits und Botschaften

Eine wirkliche Zugabe spielt die Band nicht. Nina Persson kündigt das letzte Lied an – und es ist klar, dass es keinen Raum für Verhandlungen gibt. Bei "My Favourite Game" geben Zuschauer (und Band) noch einmal alles und sorgen damit für ein wildes Ende eines sehr kontrollierten, minutiös geplanten Konzerts.

Nachdem der letzte Ton verklungen ist, schütteln die Bandmitglieder auf der Bühne gegenseitig ihre Hände und lassen sich von den Zuschauern feiern.

Auf der Leinwand läuft ein Abspann, der neben der Band und ihrer Crew auch den Namen der verwendeten Schriftart nennt, die natürlich Cardigans heißt, den heimischen Fußballverein anfeuert und Frieden in Palästina fordert. Ein skurriler Abschluss.

Setlist

Losing a Friend  / Step on Me / Erase/Rewind / Communication / And Then You Kissed Me / Slow / For What It's Worth / Happy Meal / Carnival / Marvel Hill / Junk of the Hearts / Live and Learn / You're the Storm / Feathers and Down / Good Morning Joan / Hanging Around / Give Me Your Eyes / Higher / Lovefool / I Need Some Fine Wine and You, You Need to Be Nicer / My Favourite Game